“Das Wort hat es alles gewirkt und ausgerichtet”

Summa summarum: predigen will ichs, sagen will ichs, schreiben will ichs. Aber zwingen, mit Gewalt dringen will ich niemand, denn der Glaube will willig, ungenötigt angenommen werden. Nehmt (Euch) ein Beispiel an mir. Ich bin dem Ablaß und allen Papisten entgegen gewesen, aber mit keiner Gewalt, ich habe allein Gottes Wort getrieben, gepredigt und geschrieben, sonst habe ich nichts getan. Das hat, wenn ich geschlafen habe, wenn ich Wittenbergisch Bier mit meinem Philipp (Melanchthon) und Amsdorff getrunken habe, so viel getan, daß das Papsttum so schwach geworden ist, daß ihm noch nie ein Fürst noch Kaiser so viel Abbruch getan hat. Ich hab nichts getan, das Wort hat es alles gewirkt und ausgerichtet.
[Martin Luther: Acht Sermone gepredigt zu Wittenberg in der Fastenzeit. Martin Luther: Gesammelte Werke, S. 2474
(vgl. Luther-W Bd. 4, S. 69) (c) Vandenhoeck und Ruprecht
http://www.digitale-bibliothek.de/band63.htm ]

Luther auf dem Reichstag zu Worms. Kolorierter Holzschnitt von 1556, Bildrechte: gemeinfrei

Anfang 1522 als Luther noch auf der Wartburg mit der Übersetzung des Neuen Testamentes beschäftigt ist, nimmt die junge Sache der Reformation in und um Wittenberg zunehmend radikale Züge an. Unter der Führung Karlstadts wird die lateinische Messe abgeschafft und wütende Studentenhorden zerstören katholische Bildnisse. Die Zwickauer Propheten machen mit ihrer radikalen Deutung der Bibel und des Christentums Melanchton zu schaffen.

Luther kehrt unerwartet zurück und beruhigt mit 8 Predigten (übrigens in einer Woche gehalten) die ganze Stadt. Diese Predigten sollten nun die Richtung der lutherischen Reformation prägen, Änderungen langsam durchzuführen, um auf die “Schwachen Rücksicht zu nehmen”. Kritisieren lässt sich das Konzept natürlich auch: In lutherischen Kreisen wurden so Reformschritte oft in unendliche Länge gezogen. Insgesamt sind die Predigten aber auch zentral für Luther selbst, weil er in diesen seine prophetische Rolle begründet. Er ist Gottes Prophet, den er wäre Satan begegnet und habe ihn widerstanden. Diese Begründung ist umso erstaunlicher, weil mittelalterliche Frömmigkeit ihre Berufung eher auf die Begegnung mit himmlischen Wesen zurückführte. Eine Begegnung mit Satan war für die katholische Kirche ein klarer Beweis für Besessenheit. Diese Predigten bestätigen also auch nur eine wachsende Trennung zu Rom. Insgesamt sieht man einen souveränen Luther, der gestärkt aus der Wartburg zurückkehrt.  Trotz der Besänftigung ist beim Lesen klar: Das Wort Gottes bringt  Unruhe! Eine Botschaft, die wir gerne überhören. Wir wollen lieber, dass das Wort Gottes uns bestätigt, was man auch so ausdrücken könnte: Es soll uns in Ruhe lassen!

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