Kolumne: Im Hause Gottes

Zwei Gründe bewegen mich, folgende Zeilen zu schreiben.

Erstens habe ich die Möglichkeit gehabt, unterschiedliche Versammlungen von Christen zu besuchen. Ich entdeckte, dass es dabei wichtig ist, nicht mit Unzufriedenheit oder mit dem Wunsch eine bessere Gemeinde als die Eigene zu entdecken, hinzugehen. Auch nicht um andere Christen in ihrer (angenommenen) Unreife zu verspotten. Sondern vor allem um sich mit anderen Gemeinden zu treffen. Ich habe die Möglichkeit gehabt eine lutherische und eine reformierte Versammlung zu besuchen.

Mehrmals durfte ich Mennoniten besuchen und ein Erlebnis war auch der Besuch einer Synagoge. Über all diese Ereignisse will ich so Gott will und wir leben berichten, weil ich von jedem dieser Besuche als Christ profitiert habe. Auch glaube ich das Theologie Praxis ist, so war ich auch immer neugierig, wie die einzelnen Denominationen ihre Gottesdienste gestalten. Wie gesagt, all das schreibe ich als ein Christ, der zufrieden mit seiner Gemeinde ist, und gerne diese besucht. Am allermeisten durfte ich jedoch von den Besuchen unterschiedlicher Brüdergemeinden profitieren.

Und das bringt mich zum zweiten Grund. In den letzten Monaten habe ich mich hier sehr kritisch mit dem Dispensationalismus auseinandergesetzt. Vor allem seine radikalen Ausformungen verurteile ich auch scharf. Dennoch ehre ich und schätze ich die sogenannten Plymouth-Brethren (ich sehe keine bessere Möglichkeit, die Brüderbewegung entstanden um Darby und Müller von der Brüderbewegung des Pietismus terminologisch zu differenzieren). Der oftmals verwendete Titel Darbysten ist meiner Meinung nach unfair und beleidigend!

Ich durfte in meinem Leben drei unterschiedliche Brüdergemeinden besuchen und die Gestaltung der Gottesdienste war immer sehr ähnlich. Die Treffen am Sonntag sind Momente der Stille und Begegnung mit Gott. Für die Brüdergemeinden sind für ihre Versammlungen offensichtlich (so verstehe ich das als Laie) vor allem zwei Texte der Heiligen Schrift leitgebend:

(Mt 23:8 [Luther 1912])
Aber ihr sollt euch nicht Rabbi nennen lassen; denn einer ist euer Meister, Christus; ihr aber seid alle Brüder.

Entsprechend sitzen die Pastoren (besser Älteste) nicht auf besonderen Plätzen, es gibt keine ritualisierte Liturgie oder Ähnliches.  Man fühlt sich eigentlich schnell als Bruder unter Brüdern. Für die Durchführung der Gottesdienste orientieren sich die Brüder an (wieder rede ich als Laie):

(Apg 2:42 [Luther 1912])
Sie blieben aber beständig in der Apostel Lehre und in der Gemeinschaft und im Brotbrechen und im Gebet.

So sehen auch die Gottesdienste aus. Der Gottesdienst ist üblicherweise in zwei, besser drei Teile unterteilt. Zunächst einmal gibt es eine lehrmäßige Predigt. Einer der Brüder bereitet sich für ein ausführliches Wort vor. Es wird anschließend gebetet. Jeder Mann darf sich daran beteiligen, die Gebetszeiten nehmen meist viel Zeit in Anspruch und man lernt schnell mit seinen Brüdern und Schwestern mitzubeten. Beim Gebet war das in allen drei Gemeinden so, dass die meisten Frauen eine Kopfbedeckung trugen. So weit ich informiert bin, machen das hier oftmals auch ledige Schwestern. Die Brüder setzen Wert darauf, dass die Frau in der Gemeinde schweigt, so dass Frauen nicht öffentlich beten dürfen.

Nach diesem ersten Teil (= Apostellehre) folgt eine Unterbrechung zur Gemeinschaft. Im Grunde gibt es die Möglichkeit des gemeinsamen Austausches. Man spricht miteinander, aber nicht über Beruf, Wetter oder die neueste App sondern über Christus, und welchen Trost man durch ihn auf seinem Weg erlebt hat. Oftmals gibt es auch kleine Snacks. Vor allem für christusferne Menschen wird hier die Möglichkeit gegeben, sehr schnell in gute Gespräche zu kommen. Etwas skurril wirkt dies, wenn ein Mensch ausgeschlossen wird, mit diesem möchte man dann in dieser Zeit auch keine Gemeinschaft haben.

Der schönste Teil folgt aber erst jetzt. Vor dem Brotbrechen erzählen unterschiedliche Brüder aus den Reihen von Christus und seinem Leiden. Ich habe alle Male gestaunt, welchen Trost hier die unterschiedlichsten Geschwister in dem Blut Jesu Christi fanden. Zu den erhabendsten Momenten meines Lebens gehören diese Zeiten der Andacht in den Brüdergemeinden. Am Brotbrechen darf man (meist?) auch als Baptist teilnehmen, jedoch wird in manchen Gemeinden ein Empfehlungsschreiben verlangt, dies ist auf diese Stelle zurückzuführen:

(2.Thes 3:14 [Luther 1912])
So aber jemand nicht gehorsam ist unserem Wort, den zeigt an durch einen Brief, und habt nichts mit ihm zu schaffen, auf dass er schamrot werde;

Was mir an der Ethik der Brüdergemeinden gefällt, ist ihr Wunsch in allen Dingen nicht der Tradition sondern der Schrift untertan zu sein. Am obigen Vers wollte ich zeigen, dass man auch weniger bekannte Bibelverse in die Praxis umsetzen wollte. Das kenne ich auch bei unseren russlanddeutschen Versammlungen (Wir nehmen meist  1 Kor. 14, 29 wörtlich). Jedoch scheint mir dieses Streben irgendwann zu versanden. Irgendwann wird auch dieser Impuls zur Tradition So wird man den Bruderkuss nicht in den Brüdergemeinden finden. Und wo lehren heute alte Frauen die Jungen, wie es gemäß Titus Kap. 2 Gottes Gebot ist. Die Gefahr ist auch, solche Details über die Schwergewichte der Theologie, wie Rechtfertigung, Heiligung, Leben aus Gnade zu setzen.

2 Kommentare zu „Kolumne: Im Hause Gottes“

  1. Hallo lieber Sergey,

    kannst du bitte erläutern was es mit dem ausschließen aus der Gemeinschaft auf sich hat?
    Und nimm bitte Stellung warum man keine Gemeinschaft mit Ihnen, den ausgeschlossenen, haben will. Ich nehme an du sprachst von dir persönlich.?

    Shalom
    Lea

  2. Vielen Dank Lea für deinen Kommentar, tatsächlich habe ich nur von Erfahrungen bei Besuchen von Gottesdiensten berichtet und war selbst nie Mitglied einer Brüdergemeinde. Somit spreche ich auch nicht von mir. Aus Erzählungen und teilweisen Beobachtungen weiß ich aber, dass man zumindest in konservativen Brüdergemeinden (sind sie es nicht alle?) Wert darauf legt, dass Ausschluß wirklich Ausschluß ist vom Mahl des Herrn und eben auch der Gemeinschaft mit den Geschwistern. Ich nehme mal an, dass man es mit Stellen wie Titus 3,10 oder 1 Kor 5,8-12 oder auch 2 Joh 9-10 begründen wird. So ähnlich wird es zumindest im (dem brüdergemeindlichen durchaus ähnlichen) russlanddeutschen Milieu erklärt

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