In der Stadt Mari gab es ein Problem. Die Jagd nach den Löwen war ein königliches Privileg, dennoch kam ein besonders gewitzter Bürger auf die Idee, einen Löwen lebendig einzufangen. Der Bürgermeister der Ortschaft hatte nun ein zusätzliches Problem in seinen Tagesgeschäften und wusste nicht, was er mit dieser Idee anzufangen hatte. Da fiel ihm eine besonders gute List ein: Der Löwe ging als Geschenk an den König. Hübsch verpackt in einem großen Käfig und mit einem Brief an den König persönlich. Plötzlich stand die Ortschaft viel besser da, als gedacht…
Diese Geschichte spielte sich nicht nur etwa 2000 Jahre vor Christus etwa 320 km nördlich von Bagdad ab, nein, der dazugehörige Brief ist immer noch erhalten, und zeugt davon, dass Schriftlichkeit im alten Orient eine durchaus tägliche Praxis war, und dass auch Dokumente zweitrangiger Ordnung (wie das oben vorgestellte) durchaus für aufbewahrungswert erachtet wurden.
Zu finden ist diese Geschichte in dem Buch Zur Umwelt des Alten Testaments. Eher zufällig bin ich auf diesen interessanten Band gestoßen, der neben der Schriftlichkeit auch weitere Aspekte der Umwelt Israels bespricht. Unter der Herausgabe von Helmuth Pehlke liefern verschiedene Bibelautoren wertvolle Informationen zur Umwelt des Alten Testaments. Da dass Buch von der Wahrhaftigkeit der Bibel ausgeht, kann es eine wertvolle Hilfe für Mitarbeiter in der Gemeinde sein. Angesprochen werden die relevantesten Themen, wie die Literatur (Dichtung, Weisheitsliteratur), die Religion (sowie die Tradition der Opfer), die Politik und die Gesetze im alten Orient. Hier werden immer wieder Vergleiche zwischen dem Alten Testament und dem heute verfügbaren außerbiblischen historischen Material gezogen.
Die biblische Sintflutgeschichte wird z.B. mit der mesopotamischen Version (sog. “Atramchasis-Mythos”) verglichen. Interessant ist auch die Zusammenfassung des Gilgamesch-Epos: ein besonders altes und am umfassendsten erhaltene Schiftzeugnis der alten Tage. Dieses Werk zeigt (nebst vielen Hinweisen auf die damaligen Religionspraktiken), dass Schriftlichkeit im alten Orient bereits um etwa 2000 v. Chr. oft zur Alltäglichkeit gehörte. Sehr hilfreich in diesem Band fand ich die Einführung in die Poesie des alten Testaments.
Hier werden einem zahlreiche Hilfen für die Entdeckung poetischer Elemente in den Psalmen gegeben. Da die einzelnen Kapiteln von verschiedenen Autoren stammen, kommt es immer wieder zu inhaltlichen Überschneidungen, die ich als etwas störend empfand. Auch vermisse ich etwas mehr Darstellungen des alltäglichen Lebens der Menschen im alten Orient, sowie auch der Blick auf die Berufe, die Kriegsführung, den Umgang in Ehe und Familie usw. Diese Themen werden leider kaum angesprochen. Nichtsdestotrotz, eignet sich das Werk als ein gutes Nachschlagewerk für die oben erwähnten Themen.
Titel: Zur Umwelt des Alten Testaments
Reihe: Eränzungsband 1 zur Edition C-Kommentarreihe
Hrsg.: Helmuth Pehlke
Seiten: 450
Format: 14 x 21 cm
Einband: gebunden
Jahr: 1. Auflage 1998
Verlag: SCM Hänssler
ISBN: 3-7751-3382-8
Preis: 9,95