„Wir sind Papst“ – so titelte die Zeitung mit den großen Buchstaben bei der Wahl von Kardinal Josef Ratzinger zum Papst. Seitdem sind einige Jahre ins Land gezogen und Papst Benedikt der XVI. bewegte abermals viele Gemüter in Deutschland. Besuchte er doch sein Heimatland und durfte als erster Papst überhaupt im Deutschen Bundestag zu Wort kommen.
Pünktlich zum Papstbesuch erschien bei der Christlichen Buchhandlung Wolfgang Bühne eine Give-Away-CD mit Vortrag über den deutschen Papst. Ich habe reingehört um einen besseren Eindruck von „Roms herzlichem Hardliner“ zu gewinnen. Unter diesem Titel hielt Wolfgang Bühne diesen Vortrag und gab einen Einblick in den Werdegang und die Theologie von Josef Ratzinger, Papst Benedikt XVI.
Schon am Anfang betont Wolfgang Bühne, dass es ihm nicht darum geht, den deutschen Papst zu verunglimpfen. Vielmehr ist es ihm wichtig, mit Ehrlichkeit und Fairness den Menschen Josef Ratzinger und seine Überzeugungen ein Stück weit zu erklären. Dazu hat er einige seiner Bücher gelesen und zitiert immer wieder aus seinen Werken.
Je länger der Vortrag andauert, desto mehr „Sympathie“ gewinnt der evangelikale Zuhörer an einigen Seiten des Papstes. Es ist zum Beispiel bemerkenswert, wie wenig Raum Maria im Denken Ratzingers einnimmt. Kurz bevor die Aufnahme Mariens in den Himmel zum Dogma erklärt wurde, sprach sich Ratzinger deutlich dagegen aus – beugte sich jedoch anschließend unter die Entscheidung der Kirche. Ein Journalist, der mit dem damals noch frisch gewählten Papst ein ausführliches Interview führte, bescheinigte ihm eine unter „geistlichen Würdernträgern“ ungewohnte Bescheidenheit. Und entgegen einer Vielzahl evangelischer Führer in Deutschland ist Papst Benedikt der XVI. ein Verteidiger moralischer und ethischer Werte.
All diese und noch viel mehr gute und wahre Eigenschaften des Papstes haben mit dazu geführt, dass führende Evangelikale vermehrt dazu übergegangen sind, den Papst in Rom als „Bruder in Christus“ anzusehen. Nebenbei erwähnt sei hier auch das aktuelle Beispiel um den „evangelischen Brief an den Papst“, an dem sich auch einige Evangelikale beteiligten und an den „Lieben Bruder in Rom“ meist durchgehend kritiklose Briefe beisteuerten.
Nun stellt sich die Frage, inwieweit es richtig ist, den Papst als „Bruder in Christus“ anzusehen. Hat der Reformator Martin Luther den Papst in Rom nicht stets als einen „Antichristen“ bezeichnet? Oder hat sich die römisch-katholische Kirche in ihrer Rechtfertigungslehre tatsächlich gewandelt, so dass man von „Brüdern“ sprechen kann?
Wolfgang Bühne führt viele Zitate des „herzlichen Hardliners“ auf und macht deutlich, dass trotz aller positiven Ansichten des Papstes er letzten Endes ein „unbeugsamer Verteidiger römisch-katholischer Dogmen ist“. Christen sollten sich durch die freundliche und herzliche Art Josef Ratzingers nicht täuschen lassen und sich bewusst sein, dass er ein treuer Hüter römisch-katholischer Theologie ist und somit keine „Brüderlichkeit“ besteht.
Nachdem ich Bühnes Vortrag zweimal gefolgt war, viel mir ein Schwachpunkt auf. Als ich die CD kaufte, ging ich davon aus, dass es ein Vortrag für Katholiken sei. Eine Art evangelistische Verteil-CD. Nach meiner Einschätzung ist der Vortrag dafür aber nur bedingt geeignet. Zu wenig macht Bühne die biblischen Alternativen anhand Bibelversen deutlich.
Vielmehr ist der Vortrag für die Christen nützlich, die eine theologische Distanz sehen, sich aber verstärkt dem Papst öffnen. Somit wünsche ich, dass viele Evangelikale diesen Vortrag hören, und eine tatsächliche Sicht vom „Mann in Rom“ gewinnen.
Daten
Titel: Roms herzlicher Hardliner
Autor/Herausgeber: Wolfgang Bühne
Minuten: 53
Format: Audio-CD in Papphülle
Jahr: 2011
Verlag: Christliche Buchhandlung Bühne
Preis: 2,90 EUR
erhältlich bei: www.leseplatz.de, www.cbuch.de
Hallo,
ich beschäftige mich in meinem Blog derzeit ausführlich mit Wolfgang Bühne und seinem Buch “Ich bin auch katholisch”. Ich schätze ihn, bin aber definitiv inhaltlich nicht auf seiner Seite.
Mit gefällt an Deinem Bericht, dass Du deutlich machst, dass Wolfgang Bühne durchaus zwischen dem Mensch/Gläubigen Josef Ratzinger/Papst Benedikt und den theologischen Differenzen zu unterscheiden weiß.
Gruß
Stefan
Danke für die Review!
Was heute von vielen nicht beachtet wird ist, das der Papst besonders an diese Dogmen gebunden ist:
1215 Transsubstantiation (Eucharistie-Verständnis)
4. Dezember 1563: Schluss-Sitzung des Konzil von Trient (gegen die Reformation) das 1564 päpstlich bestätigt wurde.
Papst Pius IX.: 8. Dezember 1854 Unbefleckte Empfängnis Mariens
I. Vatikanum 1870: Unfehlbarkeit des Papstes
Papst Pius XII.: 1. November 1950 Leibliche Aufnahme Mariens in den Himmel, das erste und zugleich bislang letzte Mal seit 1870, dass ein Papst vom Unfehlbarkeitsdogma Gebrauch machte.Würde der Papst nur einen kleinen Teil von diesen Dogmen als nicht gültig erklären,würden die anderen Dogmen wie ein Kartenhaus zusammenfallen.
Der ganze Beitrag http://www.betanien.de/forum/viewtopic.php?p=19860&highlight=#19860
Ich denke man kann einige Dinge am Papst gutheißen und für den Kampf für die Wahrheit gebrauchen – aber doch trennt uns etwas tief im Kern unseres Glaubens… Das sollte man nicht vergessen noch verleugnen. Apropos heute ist Reformationstag!