Vom Glück, selbstlos zu leben
Im konservativen Milieau ließt man Keller natürlich nur heimlich. Jeder weiß dabei wohl wissentlich, dass man „mit diesem Prediger aufpassen müsse“. Man habe das ja in einem Artikel von Betanien gelesen. Falls man jetzt denkt, dass das keine sinnvolle Rezensionseinleitung ist; — aufgepasst! Ich erzähle regelmäßig davon, dass ich Kellers Predigten gerne höre und die Reaktion von einem ganz bestimmten Typus Gesprächspartner ist dabei immer identisch (und so banal vorhersagbar): „Was, Keller? Ich habe da mal einen Artikel von Betanien gelesen…“ Ich glaube ich habe diese Reaktion schon ca. ein halbes Dutzend mal erlebt. Ursprünglich versuchte ich zu argumentieren, warum ich Keller dennoch für einen hilfreichen Prediger und Autor halte, aber ich habe festgestellt, das sich diese Einwände viel einfacher und zielführender entkräften lassen, nämlich durch die Frage: „Was waren die genannten Einwände?“ Siehe da! Keiner konnte diese wirklich nennen. Ich denke an dieser Stelle wird wirklich ein Problem sichtbar. Wir sind oft so notgeil darauf, Probleme und Schwierigkeiten der anderen zu erfahren und Fehler mit einem schwarzlicht-neonfarbenen Glitzerstift zu markieren, damit ja keiner diese übersehen kann. …