Rezension zu „Liebevoll Grenzen setzen“

Liebevoll Grenzen setzen von Henry Cloud und John Townsend, Gerth Medien 2001Bei einem christlichen Erziehungsratgeber, versuche ich immer zuerst das Menschenbild der Autoren herauszufinden. Manchmal ist es offensichtlich, doch meistens wird erst nach vollständiger Lektüre des Buches klar, woher die Autoren ihre Ratschläge beziehen und wohin die Erziehung zielt. Bei dem Buch „Liebevoll Grenzen setzen“ findet man ziemlich am Anfang auf S. 38 (ich beziehe mich auf die 1. Auflage von 2001) eine klare Positionierung:

„Als Christen und Psychologen leben wir in zwei total unterschied liehen Welten. Die religiöse Welt schiebt Probleme oftmals auf die sündige Natur des Kindes. Die psychologische Welt dagegen beschuldigt immer die Eltern und begründet jedes schlechte Verhalten des Kindes mit dem, was in seiner Kindheit alles falsch gelaufen ist. In beiden Fällen gibt es jeweils einen klar identifizierbaren Bösen und Guten.

Doch keine dieser Sichtweisen ist komplett richtig. Eigentlich ist es viel schlimmer: Wer wir heute sind, ist im Grunde das Ergebnis von zwei Einflüssen – unserem Umfeld und unserer Reaktion hierauf. Unsere Erziehung, unsere Beziehungen und die Umstände formen auf machtvolle Weise unseren Charakter und unser Verhalten. Doch wie wir auf diese Beziehungen und Umstände reagieren, beeinflusst ebenfalls die Person, die wir werden.“ (S. 38)

Und am Ende des Buches finde ich folgenden Hinweis:

„Ausnahmslos alle Kinder sind unreife Sünder; dies ist der Normalzustand unserer menschlichen Existenz.“ (S. 218)

Den Autoren fällt es im gesamten Buch schwer, dass Wort „Sünder“ zu erwähnen, auch wenn sie zuletzt einsehen, dass das der Normalzustand ist. Doch was sind „unreife“ Sünder? In den darauffolgenden Abschnitten wird deutlich, dass damit ein „Grenzenproblem“ gemeint ist, oder „Verhaltensmängel“ oder Fehlerhaftigkeit“.

Nachdem ich das ganze Buch gelesen habe, ist ungefähr dies das Verständnis der Autoren: Wenn du dem Kind keine Grenzen setzt, dann wird es verzogen und unfähig in der Gesellschaft zu leben. Wenn es lernt Grenzen einzuhalten, wird es „zu einem selbstständigen, liebesfähigen Mitglied der Gesellschaft“. Das ist gut gemeint, aber verfehlt das Ziel einer an der Bibel orientierten Erziehung. Letztendlich hilft es keinem Kind, ihm einfach nur zu sagen, dass sein Fehlverhalten „schlimm“ oder „nicht gut“ ist, wenn die Bibel gewisses Fehlverhalten als Sünde bezeichnet und konkrete Sünden beim Namen nennt und auch die Folgen nicht verschweigt. Und die Folgen von Fehlverhalten sind ganz sicher nicht nur zeitlich: „Irgendwann will niemand mehr etwas mit dir zu tun haben und das täte mir sehr Leid!“, sondern in letzter Konsequenz geht ein Mensch, der sein sündiges Verhalten und sein sündiges Wesen nicht erkennt, in die ewige Verdammnis.

Dennoch enthält das Buch viele praktische Ratschläge und Begründungen, warum es sinnvoll und nützlich ist, Grenzen zu setzen und hin und wieder wird auch die Bibel zitiert. Daraus kann man sicher einiges lernen und auch anwenden. Aber die Denkweise und das Menschenbild der Autoren ist durchweg humanistisch geprägt und letztendlich ein Versuch mittels (christlicher) Psychologie zu Verhaltensänderung zu führen. Die Bibel und das Gebet wurden auf die letzten Seiten verbannt, und damit hat man alle göttlichen Mittel zur Veränderung verworfen, wie den Heiligen Geist, die Heilige Schrift, Christus, Gebet und Gnade.

Folgende Aussagen sind nett gemeint und sicher nicht immer falsch, aber sie führen oft am eigentlichen Problem vorbei:

  • S. 104: „Helfen Sie ihm dabei, seine Schätze zu entwickeln.“ -> … weil es ja scheinbar so viel Gutes im Menschen gibt. Die angegebene Bibelstelle 2Tim 1,7 sagt darüber nichts aus.
  • S. 184: „Seine Probleme selbst in die Hand nehmen“ -> Einige Male wird im Buch betont, dass Kinder es lernen müssen, ihre Probleme selbst in die Hand zu nehmen. Das ist sicher bei einigen praktischen Angelegenheiten richtig. Aber um demütig zu werden (darum geht in diesem Zusammenhang), braucht ein Kind genauso wie ein Erwachsener mehr als nur einen guten und starken Willen.
  • S. 201: „die besten Seiten aus dem Kind herauszulocken“ -> humanistisches Gedankengut.

Beachten wir die mahnenden Worte von John MacArthur in „Biblische Seelsorge“ auf Seite 27-28:

… man kann die Grundlage der modernen Psychologie in verschiedenen, allgemein vertretenen Ideen zusammenfassen, deren Wurzel im frühen Freudschen Humanismus liegt. Genau diese Ideen nun wollen viele Christen eifrig mit der biblischen Wahrheit auf einen gemeinsamen Nenner bringen:

  • Die menschliche Natur ist grundsätzlich gut.
  • Man findet die Antwort auf seine Probleme in sich selbst.
  • Der Schlüssel, um die Haltung und das Handeln einer Person zu verstehen und zu korrigieren, liegt irgendwo in deren Vergangenheit.
  • Die Probleme einer Person sind das Ergebnis dessen, was jemand anders ihr angetan hat.
  • Menschliche Probleme können rein psychologischer Natur sein und müssen nicht mit geistlichen oder gesundheitlichen Befindlichkeiten zusammenhängen.
  • Tief verwurzelte Probleme können nur durch professionelle Seelsorger mit einer Therapie gelöst werden.
  • Die Hl. Schrift, das Gebet und der Heilige Geist sind unzulängliche und viel zu primitive Mittel, um gewisse Arten von Problemen zu lösen.

Diese und andere ähnliche gottlose Theorien, die aus demselben Stoff im Kessel der Psychologie gebraut sind, sind in die Gemeinde eingesickert und haben dort gründliche und verheerende Auswirkungen auf die Art und Weise hinterlassen, wie sie Menschen zu helfen versucht. Viele ernsthafte Christen sind im Hinblick auf ihr Verständnis davon, was Seelsorge ist und was sie leisten kann, vollkommen auf dem Holzweg.

Empfehlenswerter finde ich zwei Bücher von Lou Priolo, die einen durchweg biblischen Weg einschlagen:

1. Kinderherzen lehren
2.
Rebellische Kinder

Beide Bücher zeigen auf, wie man die Bibel bei der Erziehung verwendet. Ich persönlich habe aus diesen zwei Büchern sehr viel gelernt. Der Autor stärkt das Vertrauen in die Kraft des Wortes Gottes bei der Erziehung und zeigt mit vielen Beispielen, wie das praktisch aussehen könnte.

 

2 Kommentare zu „Rezension zu „Liebevoll Grenzen setzen““

  1. Danke, Eddi, für diese Besprechung. Es ist für uns Christen von grundlegender Wichtigkeit, dass wir Bücher geistlich einordnen. So können wir uns eine Menge Bücher sparen und auf Lektüre mit einem biblischen Menschenbild und Weitsicht ausweichen.

  2. Ich wurde gebeten, dieses Buch zu lesen. Gut, dass es bessere Bücher gibt, als sich nur auf Psychologie zu verlassen.

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