Rezension: Gemeinde wiederentdecken

Gemeinde wiederentdecken

Vor vielen Jahren hörte ich eine Vortragsserie von John MacArthur: Warum ich die Gemeinde liebe. Ich hörte mit einer großen Begeisterung, aber auch mit einer tiefen Beschämung zu. Noch nie hatte ich so einen tiefen Einblick in die Gemeindelehre erhalten, obwohl ich, seitdem ich lebe, in der Gemeinde aufgewachsen bin. Da mein Vater immer aktiv im Gemeindedienst war und seit vielen Jahren als Ältester dient, hatte ich zwar einen umfassenden Einblick in das Gemeindeleben. Flecken und Runzeln habe ich zuhauf gesehen. Natürlich prägte auch Helles und Hoffnungsvolles meinen Blick auf Gemeinde. Aber erst MacArthur öffnete mir die Augen für die Herrlichkeit der Gemeinde Jesu Christi.

Viel Zeit ist seitdem vergangen. Trotz aller Widrigkeiten ist mir die Gemeinde wichtig, lebenserhaltend und lieb geblieben. Auch gerade und trotz der Corona Zeit. Hansen und Leeman haben weit über die USA hinaus Einblick in Gemeinden. Corona hat die Gemeinden erschüttert. Gemeinden haben sich geändert. Gemeindeglieder sind offener für neue Formen des Gemeindelebens geworden oder nehmen vorlieb mit einem Leben ohne Gemeinde. Es deutet auf schlimme Zustände, wenn Gemeinde wiederentdeckt werden muss. Sie wurde verschüttet, verzichtbar und unsichtbar gemacht. Verschiedene Tendenzen erwecken den Anschein, als sei Gemeinde kein wesentlicher Bestandteil der Christen mehr. Hier muss gegengesteuert werden.

Das Buch Gemeinde wiederentdecken kann dazu beitragen. In neuen, sehr leicht zugänglichen Kapiteln werden wesentliche Aspekte einer Gemeinde erläutert. Ja, es erfordert eine geistliche Haltung, um Korrekturen an seiner eigenen Einstellung vornehmen zu lassen. Die Autoren geben ihr Bestes und erinnern in kurzen Kapiteln an elementare Kennzeichen der Gemeinde. Natürlich schreiben sie aus ihrer gemeindlichen Perspektive und dem amerikanischen Hintergrund. Doch ist der Inhalt und sind die Beispiele unabhängig von der Gemeindeausrichtung und -struktur nachvollziehbar und leicht auf die persönliche Situation übertragbar.

Besonders wertvoll waren mir diese Kapitel:

Müssen wir wirklich zusammenkommen? (Kapitel 3)

Ich weiß noch, wie mir Tränen kamen, als wir im ersten Lockdown im März 2020 am Sonntag keinen Gottesdienst hatten und stattdessen Zuhause dem Livestream folgten. Das brach mein Herz. Und ich konnte mich auch nie an den Gedanken gewöhnen, der Predigt nur von Ferne zuzuhören. Viele Monate sind vergangen. Gewohnheiten haben sich geändert. Die Autoren sind der Überzeugung:

„Brüder, wir müssen einen Weg finden, unsere Gemeindemitglieder behutsam daran zu erinnern, dass der Livestream nicht gut für sie ist. Er ist nicht gut für ihre Nachfolge und er ist nicht gut für ihren Glauben. Wir wollen, dass ihnen das klar ist, damit sie nicht bequem und gleichgültig werden. Sie sollten alles daransetzen, um nach Möglichkeit an den Versammlungen vor Ort teilzunehmen.“ (S. 49)

Wie liebe ich Geschwister, die anders sind? (Kapitel 7)

Ich frage mich oft, wie die ersten Gemeinden friedlich miteinander leben konnten. Sklaven und Freie, Reiche und Arme und dann sogar Juden und Heiden in derselben Gemeinde. Wie war das möglich? Viele Gemeinden profilieren sich durch Homogenität. Dabei steht nicht die gleiche Gesinnung im Vordergrund, sondern die gleiche Herkunft, gleiche Kultur, gleiche Verwandtschaft usw. Es sind Gemeinden der Gleichartigen. Doch bedenke diese Aussagen:

„Es mag leichter sein, nach einer Gemeinde zu suchen, in der jeder denkt, wählt und sündigt wie du. Für dein geistliches Wachstum ist es jedoch förderlicher, in einer „Gemeinschaft von Verschiedenen“ verankert zu sein.

Dort kannst du Menschen wertschätzen, die andere Fähigkeiten haben als du. Dort kannst du in Liebe alles hoffen (1Kor 13,7). Dort kannst du die Einheit des Geistes durch das Band des Friedens bewahren. Dort kannst du die Zeloten und Zolleinnehmer, die neben dir sitzen, respektieren.

Willst du eine Gemeinde finden, die die Aufmerksamkeit der Welt gewinnt? Halte nach einer Gemeinde Ausschau, die aussieht wie die zukünftige Welt.“

Wie liebe ich Außenstehende? (Kapitel 8)

Gemeinde und Mission sind eng verzahnt. Wenn wir Menschen das Evangelium sagen, müssen wir ihnen auch den Weg in die Gemeinde zeigen. Da reicht es nicht, sie mit Büchern oder Youtube-Videos zu versorgen. Sie brauchen Gemeinschaft mit anderen Gläubigen.

„Du brauchst die Gemeinde nicht, um wiedergeboren zu werden. Aber du brauchst die Gemeinde, um auf den wackligen Beinen deines noch jungen Glaubens zu stehen und zu gehen.“

Gemeinde wiederentdeckenInsgesamt ist das Buch eine gute Handreichung in wirren Zeiten. Es geht bei der Gemeindezugehörigkeit nicht um meinen Geschmack oder ob ich es lieber habe, in der Isolation zu leben. Christus hat den Gläubigen nicht viele Optionen vorgestellt, sondern die Gemeinde als einzigen Weg gezeigt, um in dieser Welt zu überleben und auch zu dienen und für andere da zu sein. Wenn du das Buch zu Ende gelesen hast, dann habe ich für dich eine kleine Hausaufgabe. Nimm dir einen Zettel und einen Stift. Schreib oben drüber: Warum ich meine Gemeinde liebe? Und dann leg los. Wenn du am Ende der Seite angekommen bist, wirst du am nächsten Sonntag mit einem veränderten Herzen zum Gottesdienst gehen. Weil du deine Gemeinde wiederentdeckt hast.


Titel: Gemeinde wiederentdecken
Untertitel: Warum die Ortsgemeinde so wichtig ist
Autor: Collin Hansen & Jonathan Leeman
Seiten: 146
Format: 14 x 21 cm
Einband: Paperback
Jahr: 2021
Verlag: Betanien Verlag
ISBN: 9783945716632
erhältlich als:
gedruckte Ausgabe: 9,90 EUR bei cbuch.de

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