Wer hat nicht schon mal dieses Bild gehört, wenn man von der Dreieinigkeit spricht: Diese könne man mit Wasser vergleichen, da dieses ebenfalls drei Formen (fest, flüssig, gasförmig) annimmt. Obwohl ich lieber eine schlechte Analogie für die Dreieinigkeit begrüssen würde, als vollständiges Schweigen darüber, fallen die Schwächen dieses Models schnell ins Auge: In der Dreieinigkeit sind Vater, Sohn und Heiliger Geist immer gleichzeitig gegenwärtig und erfreuen sich an der Gegenseitigen Gemeinschaft. Alle sind zudem gleicherweise Gott, ohne Abstriche an der “Göttlichkeit”. Dabei ist das Wasser-Model eines, dass in der Kirchengeschichte schon einmal diskutiert und von der Kirche verdammt wurde, nämlich dass des Modalismus: Gott ist immer einer, der unterschiedliche Formen annimmt: Im AT wäre es der Vater in den Evangelium Jesus der Sohn und nun im Leben der Gläubigen der Heilige Geist. Modalismus , aber auch der Doketismus (der lehrt, dass Jesu Menschlichkeit nur eine Scheinbare sei) sind Beispiele für irrige Lehrmeinungen, die auch bis heute allzu schnell in unser Denken und Sprechen über die biblischen Wahrheiten hineinschleichen.
Dabei – so die These des Autors – dürfte gerade eine klare Positionierung darüber, was wirklich Häresie ist, auch helfen, den Vorwurf der Ketzerei nicht so schnell zu ziehen und ein Wachsen im Glauben und in der Erkenntnis zu ermöglichen. Natürlich verkündigt die Bibel eine absolut richtige und zuverlässige Lehre, aber das Ringen in der Kirchengeschichte zeigt auch, dass es oftmals leichter war, falsche Positionen zu widerlegen als richtige zu definieren. Da der Autor strikt chronologisch vorgeht gelingt es ihm auch, darzustellen wie die Kirche gerade durch den Einfluss der Irrlehrer dazu gebracht wurde, genauer in die Bibel zu blicken und ihre Positionen zu untermauern: So z.B. bei der Frage des Kanons. Diesen überhaupt irgendwie festzulegen, war nicht sonderlich nötig, so lange alle das gleiche lasen. Als aber im 2 Jhdt. Marcion auftrat, dessen Kanon 10 Briefe des Paulus und Teile des Lukas-Evangeliums enthielt, wurde eine Positionierung nötig. Ähnlich kämpfte man um eine präzisere Formulierung der Trinität und der inner trinitarischen Beziehungen in Gott, als die Arianer auftraten (Durch Bekenntnisschriften in den Konzilen von Nizäa und Konstantinopel).
Beim Hören (ich habe das vom Autor selbst gelesene Hörbuch gehört) der insgesamt 14 Teile des Hörbuchs ist mir aufgefallen, dass die Position der Kirche von Fall zu Fall dominanter wurde und ein Ketzer zunehmend schwierige Konsequenzen fürchten musste. Entsprechend verlor aber auch die orthodoxe Antwort zunehmend (wie ich finde) an Überzeugungskraft und Allgemeingültigkeit. Ob man Maria nun wirklich als Gottesgebärerin bezeichnen muss (um die Göttlichkeit Christi zu erhalten), empfinde ich immer noch problematisch. Von den 14 besprochenen Konfliktsitiuationen findet sich eine bereits ausführlich in der Bibel (der Konflikt der Apostel mit den Judaisten) und die meisten anderen in der Antike, angefangen mit der Auseinandersetzung mit den Gnostikern bis hin zur Debatte zwischen Augustinus und Pelagius. Obwohl geschichtlich nur eine Debatte bis in die Neuzeit reicht (die Auseinandersetzung mit den Sozinianern), gelingt es dem Autor in jeder Situation sowohl eine saubere biblische Hintergrundarbeit zu liefern, wie die Bedeutung der Debatten für heute aufzuarbeiten. Als Hörer frage ich mich letztlich aber, warum der Konflikt mit dem Modernismus bzw. der Bibelkritik gescheut wurde? Kann man Bibelkritik nicht als Ketzerei einstufen, weil hierfür ein ökumenisches Bekenntnis fehlt? Reicht dann die Chicago-Erklärung nicht aus? Auch in diesem Fall könnte man das Higher Criticism ja gut in seiner Geschichte, aber auch in unterschiedlichen Randerscheinungen aufzeichnen. Das der Autor diesen ablehnt, fand sich zwar in zwar in zahlreichen impliziten Seitenpfaden wieder, nicht aber in einer expliziten Darstellung.
Wer bereits erste Einblicke in die frühe Kirchengeschichte besitzt, dürfte von diesem (Hör)buch deutlich profitieren, das vor allem die Ideengeschichte dieser Zeit verfolgt. Die Kürze des Werkes ermöglicht das Überblicken zahlreicher Themen. Die zahlreichen Zitate und Literaturangaben können zudem ein Startpunkt für ein vertieftes Einsteigen in das Werk der Kirchenväter werden. Das die Kirche vor allem das Gottesbild und das Werk und Amt Christi verteidigte, zeigt, wo das fruchtbarste (aber auch die beschützenswerteste) Erbe des Christentums zu finden ist.
Hinweis: Dieses Werk ist Teil einer acht-teiligen Reihe, mit einem historisch-theologischen Kontext: Know…
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