Jerobeam, König von Israel

Mit diesem Artikel verfolge ich vor allem zwei Ziele: Zum einen möchte ich auf die Vielseitigkeit und Farbe biblischer Berichte hinweisen. Persönlichkeiten und historische Begebenheiten werden mit einer einmaligen Deutlichkeit und Klarheit ausgearbeitet. Dies möchte ich am Beispiel Jerobeams darstellen.

Zudem möchte ich auch an entscheidenden Stellen auf weiterführende Literatur verweisen, die oft ein Schlüssel sein kann, biblische Texte besser zu verstehen. Immer dann ist Literatur gut, wenn Sie uns Zugang zur heiligen Schrift gibt und uns hilft Zusammenhänge besser zu erkennen.

Dazu Jerobeam, der Sohn Nebats, ein Ephraimiter von Zereda, Salomos Knecht (und seine Mutter hieß Zeruga, eine Witwe), der hob auch die Hand auf wider den König. Und das ist die Sache, darum er die Hand wider den König aufhob: da Salomo Millo baute, verschloss er die Lücke an der Stadt Davids, seines Vaters. Und Jerobeam war ein streitbarer Mann. Und da Salomo sah, dass der Jüngling tüchtig war, setzte er ihn über alle Lastarbeit des Hauses Joseph. (1. Kön 11, 26-28)

Der Sohn einer alleinerziehenden Mutter

Bestimmte Charaktereigenschaften und Gepflogenheiten werden sehr stark durch Herkunft, Erziehung oder Umgebung geprägt. Extrem prägend ist auch die Art der Familie, in der man aufwächst. Ich kann hier aus persönlicher Erfahrung sagen, dass kaum ein Charakterzug an mir oder eine Verhaltensweise oder eine Geisteshaltung nicht davon geprägt oder zumindest Spuren davon aufweisen würde, dass ich ab meinem achten Lebensjahr nur von meiner Mutter aufgezogen wurde. Wahrscheinlich ist das ein Grund, warum ich mich auf eine besondere Weise mit Jerobeam identifizieren kann. Viele seiner Charakterzüge sehe ich ihn mir: Tüchtigkeit durchflochten von Unbeständigkeit ist so eine Eigenschaft. Oder aber Erfindungsgeist, der aber nicht nur für das Gute eingesetzt wird. Es ist üblicherweise nicht schwer an dem Verhalten eines jungen Mannes zu erkennen, dass er ohne Vater erzogen wurde. Oft haben solche Menschen etwas unsicheres an ihrer Haltung, vielleicht sogar etwas nervöses.

Ohne ins Detail zu gehen, war es auch für Jerobeam prägend gewesen, dass er der Sohn einer Witwe war. Er war sicher der ganze Stolz seiner Mutter, die ihren Mann schon früh verloren hatte. Nun lernte Jerobeam also schon sehr früh, sich selbst zu erziehen. Er erinnert mich auch ein bisschen an Joab, einen anderen Sohn einer Witwe.

Die Durchsetzungsfähigkeit Jerobeams wurde bald vom reichsten Mann der Welt bemerkt, der durchaus ehrgeizige Pläne hatte. Dazu gehörte auch eine aufwändige Landreform, die den kostspieligen Staatsapparat finanzieren sollte. Unter anderem wurden täglich(!) 30 Rinder und 100 Schafe am Hofe Salomos verspeist (1 Kön. 5,3). Allein die tausend Frauen zu unterhalten war ein Luxus, den sich kein König Israels sonst gegönnt hatte ( 1 Kön. 11). Von dem prächtigen Palast, denn er sich bauen ließ, ist gar keine Rede.

Ich habe immer die Bibel geschätzt, dass sie so aus dem Leben heraus geschrieben ist. Kein Satz ist verschwendet, keine Geschichte ist angepasst an das Gemüt des Westmenschen. Es wird keine Tatsache unterschlagen. Dabei berücksichtigt die Bibel sowohl Person als auch die Zeit des Geschehnisses in vollem Maße. Vor Jahren habe ich zahlreiche Vorträge von Wilder-Smith gehört, der präzise darauf aufmerksam machte, wie detailgetreu die Bibel die verschiedenen Persönlichkeiten zeichnet.

Protz, Prunk und Eitelkeit

Man staunt doch, dass ein so weiser Mann wie Salomo solch seltsame Taten vollbrachte, wie seine exzessive Polygamie. Ich denke da an einen Ausschnitt, in dem der Schwarze Sklave Jim Huckleberry Finn seine Meinung über Könige mitteilt: “Why, yes, dat’s so; I—I’d done forgot it. A harem’s a bo’d’n-house, I reck’n. Mos’ likely dey has rackety times in de nussery. En I reck’n de wives quarrels considable; en dat ’crease de racket. Yit dey say Sollermun de wises’ man dat ever live’. I doan’ take no stock in dat. Bekase why would a wise man want to live in de mids’ er sich a blim-blammin’ all de time? No—’deed he wouldn’t. A wise man ’ud take en buil’ a biler-factry; en den he could shet DOWN de biler-factry when he want to res’.” (Vgl. Kap. 14 in die Abenteuer von Huckleberry Finn). 

Neben seiner Polygamie beging Salomo eine durchaus zweifelhafte Entscheidung, er ließ die Kosten seines Prunkstaates nur von den zehn Stämmen Israels tragen. So lesen wir in 1. Kön 4,7: “Und Salomo hatte zwölf Amtleute über ganz Israel, die den König und sein Haus versorgten. Ein jeder hatte des Jahrs einen Monat lang zu versorgen.”. Es wird aus dem Kontext deutlich, dass Salomo die Last nicht auf die zwölf Stämme sondern auf zwölf Bezirke verteilte, wobei er Juda außen vorließ. Dies war natürlich die perfekte Saat für Unzufriedenheit und Neid.

Den hier dargestellten Sachverhalt von Salomos Verwaltungsbezirken in einem Bibelatlas zu finden, ist gar nicht so einfach. Von den vier Atlanten, die ich besitze, hatte nur Der Bibel Atlas vom Weltbild eine Darstellung dafür. Ich habe davon ein Foto gemacht und hier angeführt. Dieser Atlas ist äußerst hilfreich. Fast jede Begebenheit, die sich geographisch erfassen lässt, wird in diesem Atlas sehr umfangreich dargestellt.

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Die zwölf Verwaltungsbezirke von Salomo

Zudem kam noch eine weitere Last. Um den aufwendigen Tempelbau zu stemmen, wurde intensiver Frondienst eingeführt, den Salomo einfach weiter verlängerte, um auch seine eigenen Paläste zu bauen (Vgl. z.B. 1 Kön. 5,27-30). Dazu noch unzählige Pferde…

Wie dem auch sei, die Lage war ernst,  und manch einer erinnerte sich noch dunkel an die Uneinigkeit der zwölf Stämme. Sollte alle Macht vom Stamm Juda ausgehen?

Was alles bei Salomo schief ging lässt sich vor allem im Kommentar zu 1. Könige Sei bereit zur Verantwortung von Warren W. Wiersbe nachlesen, der leider nur noch schwer aufzutreiben ist. Er arbeitet in seinem Buch zahlreiche Fehlentscheidungen Salomos heraus, die schließlich zur Spaltung des Volkes Israel führen sollten.

Der junge tüchtige Chef

In diese Zeit nun wurde Jerobeam zu einem Anführer einer solchen Frondienst-Gruppe ernannt. Er wird uns als jung beschrieben, als tüchtig und als streitbar. Salomo hatte ehrgeizige Ziele, da hatten ehrgeizige und durchsetzungsfähige (=streitbare) Menschen durchaus Aussicht auf Karriere. Jerobeam hatte viele Führungsqualitäten. Interessant ist, dass Gott nun Jerobeam in den Dienst ruft. Man sehe den Kontrast. Hier der Sohn einer Witwe, und diesem wird prophezeit, dass er dem Sohn des reichsten Menschen der Welt fast jegliche Macht entreißen soll. Ob Jerobeam das wohl glauben konnte? Zumindest aber konnte es Salomo glauben, denn er gedachte Jerobeam zu töten, so dass dieser fliehen musste, interessanterweise nach Ägypten. Wahrscheinlich wusste Salomo auch über die Unreife seines Sohnes, der durch eine närrische Aussage den kompletten Reichtum und die komplette Macht aus der Hand gab, die sein Vater ihm hinterließ. Es gilt also bei Rehabeam, mit allem Fleiß Gottes Erwählung fest zu machen  (2 Petr. 1, 10). Hier können wir uns nicht auf der Erfahrung und der Reife unserer Vorfahren ausruhen. Bei Jerobeam gilt wiederum, dass Gottes Gaben und Berufung ihn nicht gereuen können (Röm. 11,29). Nicht seine Herkunft oder seine Arbeit machten Ihn zum König, sondern die Berufung durch den HERRN.

Ein törichter Rat

Kaum ist Salomo tot, sieht das Volk die Zeit für gekommen um Erleichterungen auszuhandeln. Wahrscheinlich hatte man vor Salomo mehr Respekt als vor seinem verweichlichten Nachfolger. Dieser nun begeht die Torheit bei seiner Entscheidung nicht auf den Ratschlag der Älteren sondern auf den der Jüngeren. Nun, ein viel größerer Fehler war, dass er nicht im Traum daran dachte, bei Gott um Rat zu fragen, was König David, also sein Opa, ständig getan hatte. Eine wichtige Lektion also, nicht nur den weisen Rat weiser Menschen zu suchen, sondern den vollkommenen Willen Gottes (Röm 12,2).

Die Folge einer einzigen Fehlentscheidung: Der Sohn des reichsten Mannes der Weltgeschichte scheitert kläglich im Kräftemessen mit einem flüchtigen Halbwaisen.

Vielleicht hatte Jerobeam auch nur einen guten Riecher für die Situation. Die Jahre unter Salomos Herrschaft waren fette Jahre und womöglich versprach man sich noch weitere Erleichterungen der Arbeitsbedingungen. Als einer, der sich von der Arbeiterschicht hochgearbeitet hatte, erkannte Jerobeam den rechten Zeitpunkt für den Machtkampf. Und weniger Arbeit und mehr Geld waren schon immer beliebte Wahlversprechen.

Die Zeit ist reif

Jerobeam beweist sich als ein großer Unterhändler.  Wie ein Gewerkschaftler feilscht er um bessere Arbeitsbedingungen. Was kurz darauf geschieht, hat womöglich auch er nicht erwartet. In Windeseile erfüllt sich die Prophetie Gottes und Jerobeam herrscht über zehn der zwölf Stämme. Nur, ob er da wohl schon die Ermahnung Gottes vergessen hat, die der Prophet ihm übergab:

Wirst du nun gehorchen allem, was ich dir gebieten werde, und in meinen Wegen wandeln und tun, was mir gefällt, dass du haltest meine Rechte und Gebote, wie mein Knecht David getan hat: so will ich mit dir sein und dir ein beständiges Haus bauen, wie ich David gebaut habe, und will dir Israel geben (1. Kön. 11,38)

Was unterschied Jerobeam von David? Wie weit bringt ihn Tüchtigkeit ohne Gottesfurcht? Wie weit glaubt Jerobeam an Gott und was bringt ihn zu Fall? Allen diesen Fragen wollen wir in dem zweiten Beitrag dieser Folge nachgehen.

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