Fragen über das Woher und das Wohin

Woher, wozu und wohin gehören zu den drei großen Fragen des Lebens. Christen geben darauf andere Antworten als Atheisten. Dr. Markus Widenmeyer, Mitarbeiter in der Zentralen Forschung eines Technologiekonzerns und ehrenamtlich für die Studiengemeinschaft Wort und Wissen tätig, ist ein Vertreter des Kreationismus. Trotz seines vollen Terminkalenders hat er sich Zeit genommen, um sich den Fragen der christlichen Literaturblogs NIMM-LIES.de und lesendglauben.de (hier weitere Interviews von lesendglauben) zu stellen. Aber, lesen Sie selbst, welche Antworten der Autor mehrere Bücher zu diesem Themenkomplex gibt.

  1. Vor wenigen Wochen haben Dr. Reinhard Junker und Sie das Buch „Schöpfung ohne Schöpfer“ herausgegeben. Dort schreiben Sie beide, dass die Arbeit eines christlichen Wissenschaftlers mit der eines Kriminalkommissars vergleichbar ist. Was genau möchten Sie damit zum Ausdruck bringen?

MW: Echte Wissenschaft besteht wie die Arbeit eines Kriminalkommissars darin, dass man wirklich die Wahrheit sucht. Das bedeutet Ergebnisoffenheit und daher Ermitteln nach allen Richtungen. In Ursprungsfragen: Man sollte unvoreingenommen zur Kenntnis nehmen, was natürliche Prozesse nachweislich zustande bringen. Man sollte aber genauso unvoreingenommen akzeptieren, wenn es systematische Grenzen gibt und dann Schöpfung die bessere Erklärung für das Leben sein könnte.

  1. Sie sprechen davon, dass die Weltanschauung des Naturalismus den weltanschaulichen Hintergrund der Arbeitsweise der institutionalisierten Wissenschaften dominiert. Können Sie diese Weltanschauung kurz darstellen?

MW: Es ist die Ansicht, dass es nur natürliche, letztlich wissenschaftlich beschreibbare Prozesse gibt. Alles Übernatürliche wird von vornherein abgelehnt. Die Ergebnisoffenheit z.B. bezüglich der Frage nach dem Ursprung des Lebens, des Universums oder auch der Möglichkeit von Wundern oder Prophetie ist dann nicht mehr gegeben.

  1. Inwieweit unterscheidet sich die Arbeit der Studiengemeinschaft Wort und Wissen von diesem Forschungsansatz?

MW: Wort und Wissen versteht sich als Studiengemeinschaft von Christen. Wir haben entsprechende Überzeugungen und kommunizieren das auch ganz klar und offen. Gleichzeitig sind wir begeisterte Naturwissenschaftler. Dabei halten wir die Auffassung für unbegründet, dass alle Wirklichkeit durch die Naturwissenschaften erklärt werden muss. Bewusstsein, Moral, Liebe, Ästhetik, die Naturgesetze selbst usw. sind nicht durch Physik und Chemie erklärbar. In der Biologie können wir uns unvoreingenommen fragen: Was vermögen natürliche Prozesse zu leisten? Hier gibt es durchaus Evolution, die aber, wie es scheint, an hartnäckige Grenzen kommt. Man nennt diese begrenzte Evolution Mikroevolution: Sie kann vorhandene Baupläne an Umweltbedingungen anpassen, aber keine völlig neuen hervorbringen. Wir sehen gute Gründe dafür, dass jene Grenzen tatsächlich unüberwindbar sind.

  1. In Ihrem Buch „Das geplante Universum“ plädieren Sie dafür, dass die Wissenschaft auf die Schöpfung hindeutet. Was genau verstehen Sie darunter?

MW: Wir haben das Buch als Autorenteam, zwei Physiker und zwei Chemiker, geschrieben. Wir zeigen darin, dass die Physik unseres Universums auf verschiedenen Ebenen für stabile Materie, eine komplexe Chemie und die Möglichkeit von Leben genial und präzise maßgeschneidert ist. Z.B. sind die vier Grundkräfte der Physik genau für entsprechende Aufgaben gestaltet: Sie halten das Atom und den Atomkern zusammen, sie ermöglichen wichtige Kernprozesse in Sternen wie unserer Sonne, oder halten die Materie auf die erforderliche Weise zusammen. Würde man eine dieser Kräfte ausschalten, in ihrer Wirkungsweise oder Stärke verändern, bräche alles zusammen.
Gleichzeitig ist das Universum in einer höchst eleganten mathematischen Sprache geschrieben, die wir Menschen verstehen und dann auch erfolgreich technisch nutzen können. Schöpfung oder Zufall? Aus meiner Sicht scheidet Zufall aus, einfach weil es statistisch enorm unwahrscheinlich wäre.

  1. Im Vorwort von „Das geplante Universum“ betonen Sie, dass das Leben im Universum höchst willkommen erscheint, weil die naturgesetzliche Ordnung unserer Welt genau so eingerichtet ist, dass es überhaupt Leben geben kann. Inwieweit gilt es diese These an Jüngere Menschen weiterzugeben, die im Bildungsbereich durch das naturalistische Weltbild geprägt werden?

MW: Vor allem im naturwissenschaftlichen Unterricht könnte man gut zeigen, dass und wie die physikalische und chemische Struktur der Welt hochgradig intelligent und präzise aufgebaut ist, um stabile Materie, eine funktionierende und vielfältige Chemie und schließlich Leben möglich zu machen. In der Biologie faszinieren Vergleiche mit hochentwickelter menschlicher Technik, die im Vergleich zur Biologie oft gar nicht so hochentwickelt erscheint! Man würde Schülern und Studenten beides vermitteln: Faszination für die Schöpfung und Faszination für den Schöpfer.

  1. In Ihrem Buch „Welt ohne Gott?“ beleuchten Sie den Naturalismus äußerst kritisch. Hierbei stellen Sie dem Leser besonders das „Moral-Argument“ vor Augen. Weshalb ist die Existenz der Moral für Sie ein Gottesbeweis?

MW: Moral ist etwas, wenn sie überhaupt wirkliche Bedeutung hat, das uns als Menschheit vorgegeben ist. Sie gilt objektiv, das heißt unabhängig davon, ob wir sie anerkennen. Und sie drückt eine unbedingte Autorität, ein absolutes Sollen aus. Dies kann meines Erachtens nur dann stringent gedacht werden, wenn eine vollkommene Autorität, ein heiliger Wille hinter den moralischen Prinzipien steht.

  1. Als Christ, der der Bibel vertraut, stehen Sie sicherlich auch weiterhin vor offenen Fragen. Gerade in Bezug auf den Kreationismus, gibt es da offene oder unklare Fragen?

MW: Natürlich gibt es in der Wissenschaft offene Fragen und auch für den Kreationismus gilt das, vor allem, wenn man einen junge-Erde-Kreationismus favorisiert, der mir aus biblisch-theologischer Sicht plausibler erscheint. Einiges scheint aber auf eine alte Erde und ein altes Universum zu deuten, andererseits gibt es auch einige interessante und bislang viel zu wenig beachtete Gegenindizien. Das ist sicher noch ein offenes, spannendes Feld.

  1. Gibt es ihrer Ansicht nach auch Problembereiche, in denen der Kreationismus „übers Ziel hinausschießt?

 MW: Man schießt dann über das Ziel hinaus, wenn man – auch frommes – Wunschdenken vor sachliche, unvoreingenommene Analyse stellt, und wenn man gegenüber sich selbst und anderen nicht mehr intellektuell ehrlich ist. Das ist ein allgemeines menschliches Problem und betrifft leider auch manchmal Kreationisten.

  1. Neben der beruflichen und ehrenamtlichen Tätigkeit liegt ihnen auch die Politik am Herzen. Weshalb sollten sich Ihrer Ansicht nach Christen in der Politik engagieren?

MW: Bürgerliche Freiheiten, Demokratie, Meinungsfreiheit und auch unser Wohlstand sind keine Zufälle. Sie beruhen auf einem christlichen, biblischen Menschenbild, wie z.B. der indische Philosoph Vishal Mangalwadi in seinen Büchern zeigt. Diese christlichen Voraussetzungen werden seit einigen Jahrzehnten zunehmend in Frage gestellt und zum Teil regelrecht bekämpft. Ich denke, dass wir Christen hier durchaus auch eine gewisse Verantwortung haben, dieses segensreiche Erbe zu bewahren.

  1. Sie gehören sich zu den Menschen, die einiges an Literatur durcharbeiten. Welche Autoren bzw. Denker haben Sie neben der Bibel geprägt?

MW: Sehr hilfreich fand ich das Buch des theoretischen Philosophen Geert Keil „Kritik des Naturalismus“. Es zeigt sprachanalytisch an vielen Beispielen, wie sehr das naturalistische Denken sprachlich-logisch zirkulär ist. Beim Verfassen unseres letzten Buches „Das geplante Universum“ hat mich das Buch von Geraint Lewis und Luke Barnes „The Fortunate Universe“ inspiriert.

  1. Ist ein weiteres Buch in Planung? Wenn ja, in welchem Bereich möchten Sie diesmal forschen und weiterhelfen?

 

MW: Derzeit arbeite ich an einem Buch, in dem ich das Moralargument für die Existenz Gottes weiter entwickle.

Vielen Dank für das Interview. 

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