In der Osterpredigt des Melito von Sardes findet sich bereits ein sehr reifer Umgang mit dem Alten Testament.
Melito von Sardes ist so “lange her” (gest. 180 n.Chr), dass er noch aus der in Offenbarung bekannten Gemeinde Sardes wirkte. Die Predigt zeigt, dass die Kirche bereits sehr früh Christus als das Ziel des Alten Testaments erkannte. Der vollständige Text samt hilfreichen Hintergründen zu Melito und dieser Osterpredigt findet sich hier.
Sehr elegant ist die Anwendung des Passahlammes als ein “Vorbild auf Christus” und besteht doch nicht aus bloßer Typologie, sondern eher in einem Fortschreiten der Offenbarung Gottes: Das Osterlamm zeugt von der gleichen Wahrheit, wie Christus. Melito zieht dabei auch weite Kreise aus anderen Texten des Alten Testamentes, um diese neue Realität zu erklären.
In der Auseinandersetzung mit Marcion, ob das Alte Testament auch ein sakraler Text der Kirche sei, war diese Auseinandersetzung mit dem Alten Testament nötig geworden und Melito meisterte diese Aufgabe. Doch überzeugt euch selbst:
“Doch seit die Kirche erstand und das Evangelium vorgelegt wurde, wurde das Vorbild entwertet und übergab seine Kraft an die Wahrheit; und das Gesetz wurde erfüllt und übergab seine Kraft an das Evangelium, wie das Vorbild entwertet wird und das Bild dem wesenhaft Wahren übergibt, und wie das Gleichnis entwertet wird durch das Aufleuchten der Auslegung.
So auch wurde das Gesetz erfüllt durch das Aufleuchten des Evangeliums, und das Volk (Israel) wurde entwertet durch das Erstehen der Kirche, und das Vorbild wurde aufgelöst durch die Erscheinung des Herrn.
Und heute ist das, was einst wertvoll war, wertlos geworden
durch die Offenbarung des wesenhaft Wertvollen.Denn wertvoll war einst die Schlachtung des Schafes, nun ist sie wertlos wegen des Lebens des Herrn.
Wertvoll war der Tod des Schafes, nun ist er wertlos wegen des Heiles des Herrn.
Wertvoll war einst das Blut des Schafes, nun ist es wertlos wegen des Geistes des Herrn.
Wertvoll war einst das stumme Lamm, nun ist es wertlos wegen des schuldlosen Sohnes.
Wertvoll war der Tempel unten, nun ist er wertlos wegen des Christus droben.
Wertvoll war das untere Jerusalem, nun ist es wertlos wegen des
oberen Jerusalem.Wertvoll war das begrenzte Erbe, nun ist es wertlos wegen der weiten Gnade.
Nicht an einem einzigen Ort, noch auf einen kleinen Raum
wurde die Herrlichkeit Gottes eingesetzt, sondern auf alle Grenzen der bewohnten Erde wurde seine Gnade ausgegossen.Dort hat der allherrschende Gott sein Zelt errichtet durch Jesus Christus, dem die Ehre sei in die Äonen, Amen.”