Von der Freiheit eines Christenmenschen

“Mache dich auf, Herr, und richte deine Sache…!” (Ps. 74), denn “der Weinberg des Herrn wird von wilden Säuen zerwühlt” (Ps. 80). Mit diesen Bibelworten beginnt die Bannandrohungsbulle gegen Martin Luther. Darin wird allen katholischen Christen verboten, Luthers Schriften zu lesen, und Luther selbst wird dazu aufgerufen, seine ketzerischen Werke zu widerrufen.

Zu dieser Zeit (1519) ist Luther noch immer darauf aus, keine Spaltung in der Kirche zu erwirken und schreibt nach Aufforderung des päpstlichen Kammerherrn von Miltitz einen Brief an Papst Leo X., den er noch als den “Allerheiligsten Vater” bezeichnet. In diesem Brief erläutert Luther seine Position, und legt dem Schreiben seine Schrift “Von der Freiheit eines Christenmenschen” bei, die für Luther die ganze Summe eines christlichen Lebens darstellt. Heute können wir sagen, dass Papst Leo X. sich etwas entgehen lies, als er darauf verzichtete, die beigelegte Schrift näher zu betrachten.

Ölgemälde von Paul Thumann: Martin Luther verbrennt die Bannbulle

Diese Schrift ist überaus lesenswert, und Luther gelingt es auf eine äußerst seelsorgerliche und illustrative Art und Weise, die Freiheit eines Christen zu erläutern. Bekannt aus dieser Schrift ist selbstverständlich das Zitat:

Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemandem untertan.

Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan.

Leider wird dieser wichtigen und grundlegenden Reformationsschrift heute sonst wenig Beachtung geschenkt, obwohl hier Luther sehr deutlich Zeugnis davon ablegt, dass ein Christ nur durch Glauben selig werden kann. Wie denn auch sonst soll der Mensch das wichtigste und erste Gebot erfüllen, nämlich nur den einen und einzigen Gott zu haben. Luther macht darauf aufmerksam, was Jesus den Juden in Joh. 6,28 f. antwortete, als Sie Ihn fragten, welche Werke göttlich seien: “Das ist das einzige göttliche Werk, dass ihr an den glaubt, den Gott gesandt hat”.

Hieraus ist leicht zu merken, warum der Glaube so vieles vermag und dass kein gutes Werk hängt so am göttlichen Wort wie der Glaube.

Wer also gute Werke tun will, soll erstmal anfangen zu glauben. Der Glaube ist es, der dann aus jedem Christen einen völlig neuen Menschen macht. Einen Menschen der höher als alles ist, denn dieser ist dann wie Christus, König und Priester zugleich:

Das ist eine gar hohe, ehrenvolle Würde und eine rechte, allmächtige Herrschaft, ein geistliches Königreich, in dem kein Ding so gut, so böse ist, es muss mir zugut dienen, wenn ich glaube;

Wichtig also: Der Mensch wird nicht nur aus Gnade selig, er bleibt auch aus Gnade selig. Jedes gute Werk, dass der Christ nun unternimmt, darf nicht geschehen, um “vor Gott fromm zu werden, denn diese falsche Meinung kann der Glaube nicht dulden, der allein die Frömmigkeit vor Gott ist und sein muss.” Denn eins ist für Luther offensichtlich:

Gute Werke machen nimmermehr einen guten, frommen Mann, sondern ein guter Mann macht gute, fromme Werke. Böse Werke machen nimmermehr einen bösen Mann, sondern ein böser Mann macht böse Werke.

Das Gesetz zeigt dem Menschen, wie tief er von Gott entfernt ist, aber sich Gott nahen kann der Mensch ausschließlich durch Glauben. Einen ganz harten Schlag gegen die Werkgerechtigkeit führt Luther an, als er auf Christus verweist, der in göttlicher Form war, und sich selbst genug hatte, und dadurch nicht Leben, Wirken oder Leiden brauchte, und dies doch tat, und das alles um unseretwillen (vgl. Phil. 2,5 ff). So tut auch der errettete Christ. Aus Liebe zu seinem Erlöser wird er diesem von Tag zu Tag ähnlicher, um Gott mehr und mehr in seinem Leben zu ehren.

Titel: Von der Freiheit eines Christenmenschen
Autor: Martin Luther
Sei­ten:  ca. 10 DIN A4-Seiten
als freier Text verfügbar

2 Kommentare zu „Von der Freiheit eines Christenmenschen“

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