Leserunde: Lit! A Christian Guide To Reading Books (XII)

Ich erinnere mich noch gut an das Stöhnen und Ächzen in der Klasse, als der Deutschlehrer die nächste gemeinsame Lektüre ankündigte. Begeistert hielt er eines dieser gelben Reclambücher hoch, von denen wir zuvor schon einige mit Mühe gelesen hatten. Vermutlich würden damals die wenigsten freiwillig zu diesen kleinen gelben Büchern greifen. Doch die kollektive Lektüre hatte durchaus positive Effekte. Man quälte sich gemeinsam von Woche zu Woche und hatte das Buch nach einer gewissen Zeit durchgelesen. Doch reichte das bloße Lesen bei weitem nicht für eine gute Note in der Klassenarbeit aus. Erst das Gespräch über das Buch, die souveränen Antworten des Lehrers auf (dumme) Fragen und möglicherweise ein Lesetagebuch führten zum gewünschten Erfolg. Am Ende hatte man das Gefühl, einen kleinen Teil der Weltliteratur für sich eingenommen zu haben. Heute bin ich meinen Deutschlehrern dankbar, dass sie mich mit Schiller, Goethe und anderen Autoren und ihren Werken bekannt machten.

Das ging mir durch den Kopf, als ich das 13. Kapitel aus dem Buch Lit! A Chris­tian Guide To Rea­ding Books las: Gemeinsam lesen – Gemeinschaft um ein Buch zur gleichen Zeit. In der Regel heißt Lesen, sich zurückzuziehen, sich unzugänglich zu machen. Und für manchen ist Lesen eine überaus selbstsüchtige Beschäftigung. Tony Reinke lockt uns mit diesem Kapitel aus unseren Leseecken heraus. Wir sollen wieder das praktizieren, was wir während der Schulzeit gelernt haben.

Eine großartige Möglichkeit sich Details tief ins Langzeitgedächtnis einzuprägen, ist das Lesen und Diskutieren über Bücher mit Freunden. Dabei können wir langsam unseren Gedanken nachgehen, unsere Gedanken fokussieren und von anderen lernen. (S. 156)

Die Idee, ein Buch gemeinsam zu lesen und zu diskutieren, ist so einfach und gleichzeitig so genial. Suche dir ein paar Leute aus, die du für geeignet hältst, und los geht’s. Tony Reinke gibt uns sieben Hinweise mit auf den Weg:

  1. Bilde eine kleine, informelle Gruppe von 2-5 Personen.
  2. Wähle das zu lesende Buch sehr sorgfältig aus.
  3. Optional liest jeder das Buch, was er mag und berichtet beim nächsten Treffen darüber.
  4. Lest ausgewählte Abschnitte laut vor.
  5. Wichtig ist nicht, ein Buch ausführlich zu besprechen, sondern die Diskussion erbaulich und glaubensfördernd durchzuführen.
  6. Es ist super, wenn man mit dem Autor einverstanden ist. Aber gerade dann, wenn man eine andere Meinung vertritt als der Autor, ist die Diskussion wertvoll und schärft unser Urteilsvermögen.
  7. Eine Gruppe funktioniert nur dann gut, wenn ein demütiger Umgang miteinander gepflegt wird.

Eine ähnliche Idee fand ich vor einiger Zeit im Internet: Ein Buch als Ehepaar gemeinsam lesen. Das funktioniert so:

  1. Kauft euch zwei Bücher.
  2. Jeder liest für sich selbst.
  3. Nach jedem Kapitel wird geredet, diskutiert, philosophiert.

Was erreicht man damit:

  1. Man wird sich besser kennenlernen.
  2. Neue Perspektiven tun sich auf.
  3. Es wird intensiver gelesen.
  4. Kommunikation untereinander wird gefördert.

Tony Reinke schließt das 13. Kapitel mit folgenden Worten:

Während das Lesen meistens eine einsame Beschäftigung ist – und dazu eine sehr wichtige – ist das Verstehen eine gemeinsame Angelegenheit. Ich bin überzeugt, dass wir so viel vom Gelesenen vergessen, nicht daran liegt, dass wir schlechte Leser sind, sondern ich glaube viel mehr, dass wir so viel vom Gelesenen vergessen, weil wir selbstsüchtige Leser sind. Und wir alle leiden darunter.

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